Zuerst dachte ich, es ist unnötig, überhaupt einen Artikel über Business Deutsch zu schreiben. Für mich ist es dermaßen klar, dass es einen Unterschied zu dem allgemeinen Deutsch überhaupt gibt. Den gibt es sicherlich, weil ich persönlich diesen Unterschied von Anfang an „meiner Karriere“ in Deutschland erlebt habe. Aus diesem Grund möchte ich vor allem Nicht-Deutsch-Muttersprachler:innen von dieser Tatsache und dem wichtigen Unterschied sensibilisieren.
Aber es ist mir sehr wichtig, zu signalisieren, ich beschriebe hier meine persönliche Perspektive auf Business Deutsch. Dieser Blogartikel ist allen Nicht-Deutsch-Muttersprachler:innen gewidmet, die in Deutschland arbeiten oder ein Praktikum absolvieren wollen. Der Text kann aber auch vom Nutzen für die Deutsch-Muttersprachler:innen sein, wenn sie sich in die andere Rollen hineinversetzen möchten und sich Gedanken machen, wie sich eine internationale Person, Fachkraft oder Führungskraft in der (neuen) Business-Deutsch-Umgebung fühlen mag.
Was Du als internationale Akademikerin über Business Deutsch wissen solltest – und das alles, damit Du nicht gleich an Deinem deutschen Arbeitsplatz trotz guter Deutsch-Kenntnisse nicht denken oder sagen musst: „Chef, können Sie bitte Deutsch reden?“
Am besten führe ich das Thema am eigenen Beispiel aus:
Ich habe ja zuerst fünf Jahre regulär in Deutschland studiert, davon waren meine Fächer Berufspädagogik und Germanistik. Während des Studiums habe ich mein erstes „ernsthaftes“ „Business“ Praktikum in einer Weiterbildungsabteilung absolviert. Das war meine erste Begegnung mit einem realen, nicht mehr nur allgemeinen Deutsch. Alle mir begegneten Menschen haben in diesem Unternehmen schon Deutsch gesprochen. Aber irgendetwas war auf ein Mal anders.
Woran ist Business Deutsch zu erkennen und wodurch zeichnet sich diese Sprachvariante aus?
Business-Deutsch bei der gesprochenen Kommunikation
Die allgemeine deutsche Art der Kommunikation ist direkt, klar und zielorientiert. Je nach Menschen ist das allgemeine und alltägliche Deutsch mehr oder weniger emotional bereichert. Je nach Kontext ist die Sprache umgangssprachlich und gut für eine:n Nichtmuttersprachler schnell zu verstehen. Die allgemeinen Deutsch-Kenntnisse sind für die Arbeit oder ein Praktikum in Deutschland zwingend erforderlich. Nur mit guten Deutsch-Kenntnissen ist eine internationale Person, Fachkraft oder Führungskraft fähig, schneller und besser erst dann Business-Deutsch in einem deutschen großen Unternehmen zu verstehen und anzuwenden.
Bei der Besprechung, Präsentation, beim Telefonieren, Kaffee oder Mittagspause – Mitarbeiter:innen reden, somit kommunizieren sie und wollen sich „eigentlich“ verstehen, austauschen, informieren. So viel zur Theorie. In der Praxis oder in einem großen Unternehmen ist das aber nicht unbedingt immer das Hauptziel der Kommunikation. In einem großen Unternehmen und der täglichen Praxis wird vorwiegend Business-Deutsch gesprochen.
- Grundsätzlich klingt der Ton der Business-Deutsch-Sprache im großen Unternehmen „anders“. Mit „anders“ meine ich vordergründig – „ernst„. Beim Sprechen ist da wenig Leichtigkeit in der Luft. Es geht um „Arbeit“ bzw. in diesem Fall ums „Praktikum“. Es geht um den Ernst des Lebens. In meinem Fall erlaubten sich Menschen beim Sprechen von Business Deutsch auf weniger Spaß und Freude. Oft entstand bei mir der Eindruck, das Gespräch ist oder muss einfach klar, strukturiert und wenig emotional geführt werden.
- Die Business-Deutsch-Sprache ist also mehr emotionslos als die allgemeine Deutsche Sprache. Ja, es ist eine mutige persönliche These von mir. Aber dadurch, dass sie weniger emotional ist, ist sie noch zielorientierter. Insgesamt hat meine Beobachtung über Emotionen Tatsache weniger mit der Sprache als mit dem Sprecher zu tun. Also, es spielt eine enorme Rolle, mit wem wir in diesem großen Unternehmen sprechen und zu tun haben, als mit der Sprache an sich.
- Das Durchschnittsalter der Menschen in einem großen Unternehmen ist auf ein Mal höher. Alles sind schon erfahrener, abgehärtet und ganz einfach „ernster“. Je nach Branche dominiert ein oder das andere Geschlecht. In meinem Fall dominierten immer die Männer über 55 Jahre alt, europäisch, deutsch, studiert, Beruf: Ingenieur. Es ist daher notwendig, sich Gedanken über die Branche unseres Traumjobs oder Praktikums zu machen. Und über die mögliche Mehrheit der Menschenart.
- Logischerweise ist die Business-Deutsch-Sprache mit dem arbeitsbezogenem Fachvokabular verbunden. Das Vokabular ist nicht täglich zu hören. Vieles davon liest man in den Büchern, vieles habe ich nicht mal an der Universität gehört. Da kommt einfach viel mehr Terminologie aus dem geschäftlichen Bereich zusammen vor. Es hängt viel von der Menge und der Intensität dieses Fachvokabulars ab, in welcher Branche und in welchem Arbeitsbereich Du arbeiten oder Praktikum absolvieren möchtest.
- Die Art der Kommunikation hat nun einen strengen Charakter. Man konzentriert sich nicht auf eine umgangssprachliche Verständigung. Es gibt in Business-Deutsch Sprache viel Sorge über mögliche Missverständnisse. Menschen verlieren viel Zeit beim Sprechen, um einem Missverständnis aus dem Weg zu gehen und das Endziel, das Recht bei dem Gespräch zu haben.
- Jeder zweite oder dritte Satz klingt auf ein Mal nur „kompliziert„. Der Business-Deutsch-Stil geht vor allem in semantischen Streifzügen verloren. Entweder ist der Satz an sich nur super lang oder mit Fremdworten, Phrasen, unzähligen Fachbegriffen, sowie englischen Begriffen vollkommen beladen. Viel zu oft entsteht bei mir der Eindruck, je komplizierter und unverständlicher gesprochen wird, umso mehr will man eigentlich gehört und ernster bzw. wichtiger wahrgenommen werden. Es ist eigentlich das Paradox an dem Thema bzw. an dem „Gespräch“ oder Austausch miteinander. Nur diejenigen, die sich nicht klipp und klar ausdrücken, wollen verstanden und respektiert werden. Wie soll das aber gelingen, wenn sie grundsätzlich nicht verstanden werden? Es ist noch schlimmer, weil sie nicht gefragt werden, ob sie etwas anders oder einfach erklären könnten. Kein Mensch traut sich dabei, nachzufragen. Ich habe mich zumindest kaum getraut. Heute weiß ich, dass es in der Business-Deutsch-Sprache sehr viel vom Beraterdeutsch, Managerdeustch, Denglisch und sogenanntem Beratersprech hin und her genutzt und gewechselt wird. Viele oder sogar in der Fachsprache wird offiziell vom Business Bullshit gesprochen.
- Der Ort, also ein großes Unternehmen, ist ein ganz anderer Ort als die Universität oder die (Sprach)Schule. An so einem speziellen Ort herrschen ganz einfach andere Regel und werden andere Ziele als das Studieren verfolgt. Im großen Unternehmen geht es um eine andere Art von Leistung. Hierzu kommt das Geld ins Spiel. Abschließend kommt mehr als passend zu dieser Kombination noch die Macht und die Kontrolle hinzu. Ich will damit ausdrücken, der Wechsel von der Universität zum großen Unternehmen oder der Umstieg von kleinen Unternehmen ins große Unternehmen schon ein Kulturschock ist. Für die Nicht-Deutsch-Muttersprachler:innen ist das oft der doppelte Kulturschock.
- Selbst bei der gesprochenen Kommunikation ist es aber wichtig, auf die Körpersprache unseres Gegenübers zu achten. Es gibt einfach diese feine, interkulturelle Unterschiede zwischen uns Menschen aus allen Ländern der Welt. In Deutschland wird auch eine bestimmte Kommunikations- und Sprechart verwendet, Menschen gestikulieren anders bzw. weniger. Der Körper ist insgesamt besser kontrolliert und zeigt weniger, wie es einem wirklich geht.


Deutsch und Business-Deutsch bei geschriebenen Kommunikation
Beim Schreiben denke ich sofort an die unzähligen E-Mails. Es ist das Medium, wo man bei der Arbeit die meiste Zeit sich schriftlich ausdrückt. Zumindest versucht man ja. Natürlich gibt es ja auch in jedem Lehrwerk zum „Business-Deutsch“ auch die klaren Regeln, Vorgaben, Hinweise, Ausdrücke und Formulierungen. Ich habe ja das alles auch gelernt oder ich dachte, ich weiß, worauf ich da achten soll. Eins ist es klar, nach der Lektüre eines Business-Deutsch Lehrwerks, ist es viel einfacher, weniger Fehler zu machen und besser verstanden zu werden. Aber es genügt immer noch nicht. Was soll noch beachtet werden?
Es ist definitiv besser und idealer, im Business-Kontext schriftlich um eine Aufgabe zu bitten und in Ruhe einen schriftlichen Auftrag zu verstehen. Die wenigen internationalen und viele deutschen Kolleg:innen haben regelmäßig betont, wie wichtig es ihnen ist, lieber, sich ein Thema, ein Projekt oder eine Frage-Klärung per E-Mail senden lassen. Eine geschriebene und bereits versendete Nachricht ist in einem großen Unternehmen meistens goldwert und dient gerne als „Nachweis“. Ich habe oft erlebt, wie man sich auf das Geschriebene laut und hartnäckig berufen hat. Ich habe ja selbst so oft „stundenlang“ verbracht, die beste Ausformulierung und Ausdrücke, sowie der gemeinte Zweck der Nachricht „richtig“ zu verfassen. Richtiges Ziel der Nachricht bedeutet meistens in der Business-Deutsch-Sprache: nicht komplett klar und genug Spielraum für Diskussion, aber definitiv ein klarer Gewinn auf der Seit des Versenders.
Ich denke, wir sind uns alle einig: beim Schreiben nehmen wir uns alle mehr Zeit, halten länger inne, überlegen und bemühen uns, etwas klarer und verständlicher zu sein. Wir sind vorsichtiger. Wir wissen aber schon gut vorab, dass diese geschriebene Nachricht logischerweise als Nachweis zur Hand, in der Besprechung oder während der Präsentation genommen wird.
Mein Business-Deutsch Fazit als internationale Akademikerin
Soll ich stolz sein, einen Blogartikel über den Unterschied zwischen Deutsch und Business Deutsch geschrieben zu haben? Soll ich mich freuen, so viel Fokus auf die Business-Deutsch-Sprache gelegt zu haben? Nein. Ich akzeptiere, ich respektiere und nehme diese Tatsache an. Aber ich distanziere mich dieser Sprache jeden Tag mehr. Die Business-Sprache generell, egal ob es denn Business Englisch, Deutsch, Polnisch oder Spanisch ist, es geht um ein Ausdruck der intellektuellen Hochstapelei.
Mein großer Wunsch ist, in jeder Kommunikation und vor allem in der Business-Deutsch-Kommunikation für Nicht-Deutsch und Deutsch-Muttersprachler:innen eine verständliche, bessere, einfache und emotionalere Sprache zu sprechen. Mit dem Ziel, sich verständlich und zielführend auszudrücken sowie vom Herzen auch verstanden sein zu wollen.
Hast Du bereits den Unterschied zwischen Deutsch und Business Deutsch wahrnehmen oder erleben können? Wie hat es sich für Dich der Unterschied angefühlt?
Dein Justyna
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